Lügenpresse! Systemmedien! Was beim Schnall der ersten Plosive noch den Widerhall der Verschwörungstheorie mit sich trägt, fügt sich im ausklingenden Schweif des Begriffs der Hegemonie zu einem etwas handhabbareren Konzept. Befreit vom Aluhut und der Perspektive mechanischer Gelichschaltung, kann der Dynamik des gesellschaftlich-medialen Diskurses damit adäquater Rechnung getragen werden. Am Umstand, dass die Chancen der eigenen Meinung Gehör zu verschaffen stark ungleich verteilt sind und daran, dass diese Ungleichheit in ein Fundament ökonomischer Besitzverhältnisse gegossen ist, ändert aber auch der langgezogenste Zwielaut nur wenig. Im folgenden Modell wird daher versucht, dem Zusammenhang zwischen Eigentumsverhältnissen und der Verteilung medialer Meinungsmacht nachzuspüren.

Die Grundannahmen des Modells werden so einfach gehalten, dass sich der Fährte leicht folgen lässt: je größer die Reichweite eines Medientitels, desto größer der Einfluss im medialen Diskurs (Abb. 1). Und je größer der Anteil einer Person am Eigentum des jeweiligen Medientitels, desto größer ihr potentieller Einfluss auf die Gestaltung der medialen Botschaft (Abb. 2).

Grenzen wir unseren Blick auf diesen kleinen Ausschnitt ein, lassen sich Zusammenhänge noch mit freiem Auge erkennen. Mit steigender Titelanzahl und zunehmend verflochtenen Eigentumsverhältnissen erwächst aber bald ein Dickicht, das den Blick auf hintergründige Zusammenhänge weitgehend verwehrt. Um hier die Orientierung zu behalten, bedarf es eines groben Leitsystems. In einem ersten Schritt wird – wie gehabt – jedem Titel eine gewisse Reichweite zugesprochen. Entsprechend der Besitzverhältnisse leitet der Medientitel Reichweitenanteile an die Eigentümer*innen weiter. Halten Akteur*innen Anteile an verschiedenen Titeln, werden die einzelnen Anteile aufsummiert. Stehen Akteur*innen im Eigentum anderer Akteur*innen, werden die akkumulierten Reichweitenanteile wieder nach dem gleichen Prinzip unter diesen Eigentümer*innen aufgeteilt (Abb. 3). Am Ende dieses Prozederes entsteht ein Netzwerk, in dem jene Akteur*innen besonders deutlich hervortreten, denen – über alle Medien hinweg – die größten Reichweitenanteile zugesprochen werden können. Jene Akteur*innen also, denen das höchste Potential zugesprochen wird, für die Darstellung ihrer Meinung eine möglichst große Hörer*innenschaft zu finden.

Zugegegen: alles etwas plakativ. Produktionsprozesse sind weitaus komplexer. Nicht jeder Inhalt wird von der Chef*innenetage diktiert, sorgsam gegengelesen oder zensiert. Nicht zu jedem Thema gibt es eine (klar positionierte) Meinung. Mitunter wiegt auch das Interesse an der Kapitalakkumulation stärke als der Wunsch eine Plattform für die eigenen Perspektiven zu schaffen. Die erwerbsarbeitenden Journalist*innen wiederum sind keine willenlosen Marionetten des Kapitals und Rezipient*innen keine leeren Empfangshülsen, die lediglich auf ihre mediale Er- und Befüllung warten. Neben dem Mediensystem gibt es auch weitere Kanäle der Kommunikation. Abgesehen davon: kein Inhalt ohne Form. Wieviel Platz und Zeit steht zur Verfügung? Wieviel Spalten warten auf Befüllung? Was wollen Rezipient*innen hören oder sehen? Alles Aspekte, die bestimmend sind und hier trotzdem keinen eigenen Platz finden. Um diese Unzulänglichkeit etwas auszugleichen und dem “Unbekannten” Rechnung zu tragen, geben die einzelnen Akteur*innen nicht ihre gesamten Reichweitenanteile weiter, sondern horten einen (geringen) Teil – sagen wir 10 %. Ein gewisser Einluss auf die letztendlich publizierte Botschaft bleibt ihnen so gesichert (Abb. 4). Durch einen Schuss wohlwollender Nachsicht aufpoliert, sollte die gewählte Perspektive somit trotz aller Unzulänglichkeiten ein Fenster eröffnen, das interessante Einblicke ins österreichische Mediensystem bietet.

Erste Schritte

Eine grobe Verortung des gewählten Zugangs sollte nun schon möglich sein und mit etwas Glück wurde damit das Tor zu einem Raum gefüllt mit ungeklärten Fragen aufgestoßen. Welche Medientitel? Welche Reichweiten? Hab ich da etwas von Zentralität gehört? Wer tut sich diese Mühe an? Und wann sehe ich endlich wieder ein buntes Bild? Treten wir nun also ein und kratzen sachte an der Oberfläche.

Von wem wir wissen und wer uns egal ist

In einem ersten Schritt wurden alle Print-,Internet- Radio- und Hörfunkprodukte mit medialem Inhalt zusammengetragen, zu denen sich – je Mediengattung – ein einziges Dokument mit Reichweitendarstellung finden ließ. Im Print- und Internetbereich blieben die Quellen unverändert. Für eine Reichweitendarstellung der einzelnen Radiotitel wurde auf den RMS Radiotest zurückgegriffen und bei TV-Sendern auf Daten der Statistik Austria. Die Daten zu Senderreichweiten sind zwar schon recht veraltet, haben sich seither aber nicht großartig verschoben. Etwas problematischer ist dagegen, dass nur Printtitel von Herausgeber*innen mit einer Mitgliedschaft bei der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) in das Modell Eingang fanden. Die reichweitenstarken Titel sollten sich aber grundsätzlich im so generierten Datenpool wiederfinden. Die tatsächliche Vielfalt wird dadurch zwar etwas unterschätzt, aber irgendwo muss auch die Komplexitätsreduktion mutig ihren Fuss in die Tür setzen, um das Spukschloss des medialen Mediensystems erkunden zu können. Diese Information im Hinterkopf wurden im abschließenden Schritt die erhobenen Medientitel dann ihren Eigentümer*innen zugeordnet.

Äpfel, Birnen, Reichweiten und Auflagen

Wer kurz einen Blick auf die beschriebenen Datenquellen geworfen hat, wird mitunter erstaunt danach fragen, wie lange mensch Druckreichweiten, Unique Clients, Hörer*innenminuten und Marktanteile klopfen muss, bis sie weich genug sind, um eine homogene Masse zu bilden? Darauf ließe sich wiederum nur antworten … lange. Sehr lange.

Und im Schnelldurchlauf?

Nachdem den “relevanten” Medientiteln Eigentümer*innen (meist Organisationen) zugeordnet wurden, wurde damit begonnen, wiederum deren Eigentümer*innenstrukturen offenzulegen. Dieser Weg wurde fortgesetzt, bis ich bzw. mein Crawler auf herrenlose Eigentümer*innen aus Fleisch und Blut traf oder die Spuren der Besitzverhältnisse (im Ausland, in Vereinen und Stiftungen) versandeten. Wundervolle Dienste leistete dabei das FirmenABC. Nachdem so, Schritt um Schritt, eine mediale Landkarte entstand, fehlten nur noch Höhenlinien und Farben, um die topographische Struktur hervortreten zu lassen. In den letzten beiden Schritten wurde zur Höhenberechnung die Bonacich-Zentralität verwendet und zur Bestimmung der Farben die Einteilung in Modularitätsklassen herangezogen.

Ein Blick auf die Karte

Der erste Blick auf das erstellte Netzwerk (Abb. 5) lässt ein farbiges Universum kleiner Punktewölkchen erkennen – Cluster ökonomisch recht schwach vernetzter Medien mit meist geringem Anteil an der gesamten Meinungsmacht. Im Gegensatz dazu verdichtet sich in der Mitte der Karte ein Haufen kleiner bis großer nodes: im wesentlichen ein Netz der bekanntesten Medientitel und -konzerne.

Bevor wir näher heranzoomen und uns auf das Zentrum konzentrieren, um etwas detailliertere Einblicke zu erhalten, können wir an dieser Stelle bereits eine Reihe von Kennzahlen heranziehen, die den Charakter des dargestellte Medienuniversums etwas klarer hervortreten lassen.

Das gesamte Netzwerk besteht aus 3.718 Knoten (814 Medientitel und 2.904 Eigentümer*innen), die 5.589 gerichtete Verbindungen miteinander eingehen. Jeder Knoten ist im Schnitt also mit 1,5 anderen Knoten verbunden. Dabei lassen sich insgesamt 196 isolierte Komponenten identifizieren – voneinander unabhängige Mediencluster. Im Schnitt sollten sich etwa vier Medientitel pro Cluster finden lassen. Durchaus die Basis für eine gewisse Vielfalt also. Tatsächlich gruppieren sich allerdings etwa 40 % der erfassten Titel innerhalb der größten Komponente, der giant component in der Mitte des Netzwerks. Die Knoten innerhalb dieser Komponente sind durch maximal 16 Verbindungen voneinander getrennt. Durchschnittlich lassen sich aber alle Punkte über 3,88 Verbindungen/Schritte erreichen. Im Gegensatz zur losen Struktur des Gesamtnetzwerks ein recht dichter Kompelx.

Für die weiteren Betrachtungen bringen wir Modularitätsklassen zur Anwendung, die das Netzwerk in 291 verschiedene Gruppen gliedern und auch innerhalb einzelner Komponenten Subgruppen mit besonders enger Verbindung zueinander identifizieren. Die giant component wird dadurch beispielsweise im Wesentlichen in vier Subgruppen gegliedert.

Elites Club

Das bereits angekratzte Bild medialer Vielfalt erhält weitere Schlagseite, wenn wir uns die Verteilung der potentiellen Meinungsmacht im Gesamtnetzwerk näher betrachten. So gehören die 25 einlussreichsten Knoten zu lediglich 14 verschiedenen Clustern, die gemeinsam in etwa 86 % der gesamten Meinungsmacht halten. 65 % entfallen dabei auf die Top 10. Am häufigsten finden Knoten aus Mediencluster rund um Styria, Schibsted und Russ (Cluster 133), aus dem Trio Dichand, NKZ und WAZ (Cluster 55) oder aus dem Duo Pluto und Periodika Privatstiftung (Cluster 113) Eingang in die Top 25. Die zehn einflussreichsten Knoten sind dabei:

RangBezeichnungCluster-IDMeinungsmachtkumm. Anteil
1Österreichischer Rundfunk14211.999.65321,29 %
2Katholischer Medien Verein Privatstiftung1338.106.13535,67 %
3SevenOne Brands GmbH133.624.04842,10 %
41&1 Mail & Media Holding GmbH1132.771.50047,02 %
5European Directories (DH7) B.V.1142.276.50151,06 %
6Dichand Hans551.802.50954,26 %
7NKZ Austria-Beteiligungs GmbH551.754.07957,37 %
8Bronner Familien-Privatstiftung41.697.89060,38 %
9WAZ Ausland Holding GmbH551.661.53163,33 %
10Schibsted Classified Media AS1331.414.75065,84 %

Auf Ebene der Mediencluster betrachtet, steigt die Konzentration weiter. Hier halten die 25 einflussreichsten Cluster zusammen sogar 98 % der gesamten Meinungsmacht. 87 % entfallen dabei allein auf die Top 10.

RangCluster-IDBezeichnungMeinungsmacht-AnteilTop NodeMeinungsmacht-Anteil im Cluster
1133Styria & Co29,21 %Katholischer Medien Verein Privatstiftung49,24 %
2142ORF21,29 %Österreichischer Rundfunk100,00 %
355Mediaprint11,71 %Dichand Hans27,30 %
413Pro76,43 %SevenOne Brands GmbH100,00 %
5113GMX4,91 %1&1 Mail & Media Holding GmbH100,00 %
6114Herold4,03 %European Directories (DH7) B.V.100,00 %
772Heute4,00 %PLUTO Privatstiftung50,97 %
84Standard3,45 %Bronner Familien-Privatstiftuung87,22 %
930DocFinder1,50 %Timml Gerald57,04 %
1066ÖAMTC1,32 %ÖAMTC100,00 %

Mit diesen Zusatzinformationen treten wir einen Schritt zurück und reduzieren unser Medienuniversum im Wesentlichen auf die giant component (Abb. 6). Der Hauptausschnitt besteht aus vier Clustern. Links unten eine Gruppe (Cluster 58), die sich unter anderm um die Titel Österreich, Radio Ö24, Antenne oder Life Radio anordnen. Im gelben Cluster (133) finden sich exemplarisch die Oberösterreichischen Nachrichten, verschiedene Bezirkssender, die Vorarlberger Nachrichten, die Salzburger Nachrichten, das Weekend Magazin, die Tiroler Tageszeitung, U1 Tirol, das Wirtschaftsblatt, die Wienerin, die Presse oder Sat1 Österreich. Das rötlliche Mediaprint-Cluster (55) gruppiert sich um Titel wie News, profil, Kurier, Krone oder Krone Hit. Im blauen Cluster (5) finden sich im Vergleich dazu und mit Ausnahme einiger Infokanäle und Industriemagazine nur wenige Medientitel. Neben der Republik Österreich und der Stadt Wien sind hier besonders viele Versicherungen, Banken und Energieunternehmen angesiedelt.

Die acht isolierten Mediencluster im oberen Bildteil zeigen den ORF, den Standard, Radio 88.6, Red Bull, Heute, Pro7 und – mehr aus Interesse, als wegen ihrem Anteil an der Meinungsmacht – zwei Cluster medialer Handelsbeschallung: dm und Rewe. Stark verkleinert und noch immer recht groß liegt im rechten Eck ein weitläufiges Cluster aus Bergbahnen mit Info- und Panoramasendern, das durch eine Verbindung zwischen den Hauser Kaibling und den Alpacher Bergbahnen eigentlich noch mit Cluster 5 der giant component verbunden wäre.

Nachdem die einflussreichsten Knoten und Cluster nun bereits kurz vorgestellt wurden, drängt sich – mit Blick auf das Netzwerk – noch die Frage auf, über welche Knoten diese einzelnen Cluster miteinander verbunden sind. Anders gefragt: welches sind die Knoten, die maßgeblich zur Konzentration beitragen?

Als Sammelbecken eines breiten Spektrums an Medientiteln, bildet das gelben Cluster die zentrale Verbindungsstelle zwischen den drei anderen Clustern. Die Schnittstellen zwischen dem gelben, dem roten, blauen und grünen Cluster, sind in der nachfolgenden Tabelle abgebildet.

Cluster ACluster BVonÜberNach
grüngelbWimmer GmbH-Life Radio
rotgelbecho Medienhaus-VWZ Zeitschriftenverlag
rotgelbKurier Zeitungsverl. & Druckerei GmbHPrintmed.bet.GmbH, Kurierbet. GmbH und MedicurSat1 Privatrundfunk & Prog GmbH
rotgelbP & V Holding GmbH-Herold Druck & Verlag AG
blaugelbTime Holding GmbHMPR Holding GmbHBank f. Tirol und Vlbg AG
blaugelbRaiffeisenbanken-Raiffeisenbanken
blaugelbRaiifeisen Bet. & Treuhand GmbH-Planai Hochwurzen Bahnen GmbH
blaugelbGrazer Wechselseitige Vers. AG-Hauser Kaibling Seilbahnen

Tausend Meinungen, eine Antwort …

Bevor sich auch dieser Beitrag seinem wohl verdienten Ende zu neigt, bleibt gerade noch der Platz, den eigenen Spieltrieb zu bedienen und das bisher festgestellte in der Abstraktion zu konkretisieren. Unsere Fragestellungen bleiben die Gleichen: wie verteilt sich die Meinungsmacht in unserem Netzwerk des österreichischen Mediensystems? Und wem kann dabei der größte Einfluss auf die Definition der dominanten Meinung zugesprochen werden?

Dazu zieht jeder Knoten unter Zurücklegen aus einem Pool mit einer bestimmten Anzahl verschiedener Meinungen. Als nächstes wird in einem zweistufigen Verfahren die dominante Meinung bestimmt. In einem ersten Schritt einigen sich alle Knoten eines Medienclusters auf eine gemeinsame Meinung. Je höher die clusterinterne Meinungsmacht, desto wahrscheinlicher setzt sich ein Knoten hier durch. In einem zweiten Schritt wird die dominante Meinung im gesamten Netzwerk aus dem Pool der Clustermeinungen bestimmt. Je höher der Anteil eines Knoten an der gesamten Meinungsmacht, desto wahrscheinlicher kann er die Clustermeinung zur allgemein dominanten Meinung durchsetzen. Als Sieger aus diesem Rennen, gehen jene Knoten hervor, die schon vor jeglicher Aushandlung die dominante Meinung vertreten haben. Wieder – ich weiß – eine schreckliche Reduktion von Komplexität. Diesmal sogar zweiter Ordnung! Allemal aber ein nettes Spiel.

Wenn wir hier mehrere Runden durchlaufen, lässt sich – rein auf Ebene der Knoten – eine unangefochtene Spitze erkennen. Mit einem fünftel der gesamten Meinungsmacht, verbreitet der ORF auch etwa in jeder fünften Runde die dominante Meinung – und das, obwohl bzw. gerade weil sich in dem dazugehörigen Mediencluster vergleichsweise wenige Knoten befinden. Besser gesagt: seine gute bis überdurchschnittliche Performance verdankt der ORF gerade auch seiner dominanten Stellung innerhalb eines reichweitenstarken Clusters. Auf einem soliden zweiten Platz findet sich der katholische Medien Verein. Obwohl diese Organisation den zentralste Konten innerhalb des einflussreichsten Clusters bildet, bleibt sie etwas hinter ihrem erwartbaren – allein auf Ebene der Reichweitenanteile betrachteten – Einfluss zurück. Im Gegensatz zum ORF weist das auch auf eine relevante, potentielle Opposition innerhalb dieses Clusters hin (der katholische Medien Verein bündelt “nur” 49 % der Meinungsmacht aller gelben Knoten). Je weiter wir uns in der Rangliste der einflussreichsten Knoten nach unten bewegen, desto mehr Dynamik können wir sehen und desto ausgeglichener wird die Verteilung. Das kann aber freilich nicht wirklich über den Umstand hinwegtäuschen, dass die steigende Ausgeglichenheit weitgehend dem Umstand geschuldet ist, dass sich Eigentümer*innen der hinteren Ränge nur noch um die übrig gebliebenen Reste des üppigen Meinungsmachtbuffets streiten können.(Abb. 7-10)

Was noch bleibt …

Ob in Zahlen gegossen, im Netz versponnen oder in Koordinaten gezwängt, zeigt sich immer ein vergleichbares Bild: eine Vielzahl unabhängiger Mediencluster, die in ihrem Einfluss jedoch bestenfalls eine marginale Rolle spielen. Bis auf wenige Ausnahmen – wie Standard, Heute oder verschiedene Printtitel von Vereinen und Organisationen – finden sich in den kleinen und relativ unabhängigen Medienclusten besonders Knoten aus dem Bereich Radio, Internet und (Bezirks-/Panorama-)TV, die sich jeweils auf die Produktion von Inhalt im Rahmen einer dieser Kanäle konzentrieren. Die giant component ist im Gegensatz dazu ein Zusammenschluss multimedialer Medienkonzerne mit einem starken Fokus auf Printerzeugnisse: von den Vorarlberger Nachrichten bis zur Wiener Ausgabe der Krone finden sich hier beinahe alle relevanten Tages- und Wochenzeitungen Österreichs. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, unterstreicht aber einmal mehr, dass es – besonders in der Königsgattung der Kommunikationskanäle, bei den Tageszeitungen – mit der medialen Vielfalt nicht weit her ist.

Relativ erfolgreich in seiner historischen Mission als staatliches Bollwerk gegen die ökonomisch getriebene Produktion medialen Inhalts, erscheint der ORF. Das bedeutet aber freilich nicht, dass dieser keinen ökonomischen Zwängen unterliegt. Noch abwegiger erscheint wohl lediglich die Behauptung, ORF-Intendanten hätten einen geheimen Zugang zum Gemeinwillen gefunden, wodurch ihr Meinungsmonopol schon an sich mediale Vielfalt repräsentiere.

Nach diesen ersten Einblicken bleiben noch eine Reihe von Fragen offen, die hier nicht geklärt wurden: die Verflechtung der Raiffeisenbanken und ihre genau Rolle im Netzwerk wurde bisher nur mit einem Nebensatz bedacht. Obwohl sie – als Organisation – keinen relevanten Medientitel herausgeben, kommt ihnen ein relevanter Anteil an der gesamten Meinungsmacht zu. Ohne wirklichen Einfluss auf die Ausgestaltung der dominanten Meinung, aber hinsichtlich ihrer flachen Eigentümer*innenstruktur interessant, stechen die Bergbahnen mit ihren Info- und Panoramasendern heraus. Auch eine genauerer Blick in die Verflechtungen der giant component wären spannend. Besonders das gelbe Cluster (133) zeigte sich ja als Sammelbecken aller Medientitel mit Rang und Namen. Ein genauerer Blick ließe hier die Machtverteilung etwas detaillierter hervortreten. Um das Problem unterschiedlicher Reichweitenmessungen (Druckreichweiten, Hörer*innenminuten etc) verschiedener Medienkanälen etwas zu umgehen, bietet es sich an, den bisher dargestellten Prozess nochmals je Mediensparte zu durchlaufen. Eine erhöhte Vergleichbarkeit der Meinungsmachtanteile bezahlt diese Strategie jedoch durch den blinden Fleck multimedialer Vernetzung. Wie dem auch sei. Bleibt also noch genug zu tun. Nur nicht mehr heute 🙂

By |2019-11-18T22:06:36+01:00Oktober 26th, 2016|TMT - Too Much Time|0 Comments

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