- die Toniebox sammelt frisch und fröhlich Daten. Einerseits zum Zweck individualisierter Werbung (der Teil kann abgeschaltet werden). Andererseits auch allgemeine Nutzungsdaten, deren Sammeln nicht unterbunden werden kann. Die Box sendet diese dann bei jedem Verbinden mit dem Netz zurück an Tonies.
- Die Figuren zum Abspielen der Inhalte sind recht teuer und schlagen mit rund 15 € zu Buche.
- Kompatibilität mit Systemen außerhalb der Tonie-Welt? Leider eine Fehlanzeige.
- Neben den vorgegebenen Inhalten, ist es auch möglich, selbst Inhalte zu produzieren. Diese werden dann erst in die Tonie-Cloud geladen, bevor sie genutzt werden können. Auf die Cloud wiederum bzw. auf die hochgeladenen Inhalte, kann von Tonies jederzeit zu Analysezwecken zugegriffen werden.
- Ebenso ärgerlich ist die sinnfreie Platzbeschränkung der Kreativ-Tonies auf neun Tracks.
- Und ob die Box mit neuen Inhalten überhaupt noch funktionieren sollte, wenn Tonies und deren Cloud irgendwann mal nicht mehr sind, ist ebenso fraglich.
Ohne es mit der Kritik übertreiben zu wollen – insgesamt ist die Box nämlich sicher eine solide Lösung, machte die Recherche jedenfalls Lust auf eine Alternative.
Da war es Glück, dass mich meine Nachforschungen nicht nur auf Kritikpunkte, sonder auch auf Phonie, das DIY-Stiefgeschwister von Tonie, aufmerksam machten.
Die Phoniebox ist vom Gedanken her recht ähnlich, wie ihr Verwandter. Ein MP3-Player für Kinder, der einfach über einen RFID-Reader bedient werden kann. Das wirklich tolle daran ist, dass die Phoniebox ein opensource-Projekt ist, in dem sich jede*r einbringen kann. Dementsprechend viele Entwicklungsarme weist das Projekt auch auf: Drehregler, Touchscreen, die Anbindung an Spotify und anderer Schabernack kommen gemeinsam mit der Phoniebox einher.
Auf der Github-Seite des Projekts finden sich alle nötigen Anleitungen, um gleich mal durchstarten zu können. So strukturiert, dass es auch für mich – den Laien – recht bald fassbar war.
Alles was es von da an noch braucht, ist ein wenig Wille zur Bastelei, eine gute Portion Geduld und genügend Optimismus, um die ein oder anderen Rückschläge durchtauchen zu können.
Ab in die Mall …
Bevor ich dazu übergehe und versuchen werde, den Entstehungsprozess meiner Phoniebox sowie die größten Herausforderungen kurz zu skizzieren, hab ich hier mal eine kleine Einkaufsliste zusammengestellt. Die Liste sollte so in etwa die Grundausstattung der Box fassen. Nachdem ich insgesamt – mit Pausen und Wartezeiten – etwa ein Jahr am Basteln war und dabei auch das ein oder andere ausprobiert habe, spiegelt die Liste vermutlich aber weniger die nackte Realität, als viel mehr das verklärte Bild einer theoretischen Reibungslosigkeit wider, die sich so wohl nicht reproduzieren lässt.
Stattdessen bleibe ich lieber dem Motto der Website treu und beginne die Geschichte mit einer gehörigen Portion Mut zur Lüge. Komplett unsinnig sind die Zahlen aber natürlich trotzdem nicht.
Alles in Allem, ist so eine Phoniebox aber keine ganz billige Spielerei. Spätestens mit der siebten oder achten Figur, sollten die Kosten einer ordinären Toniebox aber wieder reingeholt sein.
Beschreibung | Preis |
---|---|
Raspberry Pi 3 B+ inkl. 16 GB SD-Karte | 50 € |
Mifare RC522 RFID Reader | 6 € |
Trust Leto 2.0 USB Lautsprecherset (6 Watt) | 10 € |
Poweradd Pilot X7 20.000 mAh Powerbank | 25 € |
RGBW-LED-Strip SK6812 mit 16 LED | 9 € |
AUKEY Entstörfilter/Ground Loop Isolator | 10 € |
HDMI auf VGA Adapter mit 3.5 Audio-Ausgang | 9 € |
30 Neodym Magnete | 11 € |
20 Tag-Sticker für RC522-Reader | 12 € |
USB 2.0 Micro-B Verlängerungskabel | 6 € |
5 Stück 12x12 mm Button-Modul | 4 € |
Jumperkabel | 0,50 € |
Kondensator | 0,10 € |
Holz für die Box | 20 € |
10 Figuren | 5 € |
Gesamt | 177,60 € |
Vom Modell zum Mülleimer und ab in die Fertigung …
Während ich auf die Ankunft der ersten Teile wartete, begann ich schon mal langsam damit mir Gedanken über den Aufbau meiner Phoniebox zu machen. Einen ersten Prototypen bastelte ich aus Karton. In Ermangelung greifbarer Komponenten und vermutlich auch in Ermangelung ausreichender Kreativität, orientierte sich das Modell ursprünglich noch stark an der Toniebox. Mit dem Eintrudeln der bestellten Hardware, die ich nach und nach in meine Pappbox quetschte, bekam die Box aber langsam ihr Eigenleben. Teil dieser Selbstfindung war auch die Erkenntnis, dass der Entwicklungsvorsprung des Originals – zumindest was die Raumeffizienz anbelangte – kaum von mir erreicht werden konnte. Was da alles auf engstem Raum untergebracht ist, ringt mir auch jetzt beim Schreiben noch ein gewisses Staunen ab. Ohne große Lust, mich hier als billige Kopie zu etablieren, beschloss ich drum bald andere Wege zu gehen.
Maßgeblich für diese Entscheidung war vermutlich aber weniger mein Ego. Eher würde ich das dem Fehlen meiner Lötfähigkeiten und dem mangelhaften Wissen der Elektrotechnik zuschreiben. Diese beiden Voraussetzungen, kombiniert mit selbstbewusstem Experimentierdrang führten nämlich dazu, dass ich meinen Lautsprecher in kurzer Zeit schlichtweg zerstörte.
Als Ersatz musste dann ein Lautsprecher-Paar herhalten. Wie sich allerdings zwei Lautsprecher den Platz von einem teilen sollten, wollte sich mir auch nach reichlichem Grübeln nicht erschließen. Und so hieß es zurück zum Anfang. Ein neues Modell musste her.
Die Box: von Laubsägen, Bohrern und andern Spitzfindigkeiten
Scheinbar, so erzählt es sich, ist Eigenlob etwas, das stinkt. Sollte dem tatsächlich so sein, könnte ich die fertige Hülle meiner Phoniebox weitgehend ohne olfaktorischem Risiko in den höchsten Tönen besingen. Grund für diesen Wagemut liefert mir vor allem das Bewusstsein, dass meine Meisterschaft am Holz jene am Lötkolben nur knapp zu überflügeln scheint. Demgemäß hab ich mich mit meinem Projekt hier auch in fähigere Hände begeben und meinem Vater die schreinerische Leitung überantwortet.
Während ich über Form und Funktion sinnierte und mich wie in den guten, alten Zeiten mit Laubsäge und Schmirgelpapier austoben konnte, übernahm er die Einschätzung zur Robustheit und konstruierte das Skelett der Box. Es folgten ein paar Nachmittage wunderbaren Werkelns und Tüftelns. Vielleicht war das einer von vielen Wegen, durch das eigene Kind die eigene Kindheit wieder zu entdecken und neu zu schreiben. Jedenfalls hat es Spaß gemacht und das Ergebnis lag am Ende deutlich über dem, was ich mir erwartet hatte.
LED: vom Gott-Komplex und der Dunklen Seite des Lötens
Vielleicht täuschten die Dunkel-Phasen aber auch nur darüber hinweg, dass ich – abgesehen von EIN/AUS noch nicht wirklich viel mit dem RPi anstellen konnte. Und an irgendeinen Strohhalm klammert mensch sich dann halt doch. Wie dem auch sei. LED. Das war etwas, das ich für meine Phoniebox haben wollte. Wozu genau, war mir nicht ganz klar. Und um ehrlich zu sein, ist mir diese Frage bis heute ein Rätsel geblieben.
Andererseits: pure Funktionalität hat unsere heutige Welt eh bereits im Überfluss. Und Ein wenig Klimmbimm hat noch keiner*keinem geschadet. Schon gar nicht, wenn wir hier von einer Musikbox reden!
Also beschloss ich RGBW-Streifen zu verbauen, denen ich dann die tollsten Muster entlocken wollte. Meinen Gott-Komplex im Rucksack fasste ich zu dem Zeitpunkt auch den Plan die 16 zu verbauenden LEDs alle einzeln und punktgenau in der Phoniebox zu platzieren. Zurück am Boden der Realität bedeutete das, dass jede LED auf jeder Seite mit drei sehr kurzen Drähtchen verlötet und mit der nächsten LED verbunden werden musste. In Summe waren das in etwa 90 Kontakte, die es zu löten galt. Eine wunderbare Übung, die erstaunlicherweise auf Anhieb funktionierte. Leider stellte sich heraus, dass dieses LED-Konstrukt dann aber doch recht fragil war. Auf kurz oder lang war immer wieder ein Kontakt dabei, der sich löste und die halbe Kette zum erlöschen brachte. Da ich nicht vor hatte, die Kette alle paar Wochen wieder zu reparieren, beschloss ich pragmatischer vorzugehen. Und so tauschte ich die 16 Einzelstücke durch vier Abschnitte mit je vier LEDs ein. Die saßen zwar nicht mehr punktgenau an den dafür vorgesehenen Stellen, aber ihren Zweck erfüllten sie trotzdem weitgehend. Sie leuchteten, waren stabil und machten Muster.
Da die LEDs ihre Arbeit sogar etwas zu gut machten und sehr grell leuchteten, beschloss ich, das Leuchten etwas diffuser zu gestalten, indem ich die vorgebohrten Löcher mit der Heißklebepistole auffüllte und aus dem klebrigen Heiß so etwas wie Noppen zu formen versuchte. Eine Strategie, die trotz anfänglicher Skepsis erstaunlich gut funktionierte und gleichzeitig das Problem schlecht platzierter LEDs ein wenig zu kaschieren half.
Was nun folgte, war das Komponieren unterschiedlicher Muster, die bei Knopfdruck ausgelöst werden sollten. Eine Arbeit die durchaus Spaß machte und dank guter, opensource-Basis auch recht leicht zu meistern war.
RFID und der Zauber der Magnete
Im Grunde funktioniert die Phoniebox so, dass eine Playlist auf den RPi geladen wird. Danach schnappt sich mensch einen RFID-Tag und legt ihn auf den RFID-Reader. Der erkennt den Tag und nun kann über die Phoniebox-Software der Link zur Playlist gesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt wird die Playlist gestartet, sobald der Reader den entsprechenden Tag erkennt.
Zu Beginn hatte ich noch schwer damit zu kämpfen, die Reichweite des Readers so zu erhöhen, dass er auch durch die Holzbox hindurch Tags erkennen konnte. Irgendwann hatte ich den Dreh aber raus und meine Phoniebox funktionierte wie beschrieben. Um die Reichweite zu erhöhen, ist es eigentlich nur notwendig, die Variable antenna_gain von 0x04 auf 0x07 zu setzen (~/RPi-Jukebox-RFID/scripts/pric522/rfid.py).
Das Problem, das ich jetzt hatte, war nur folgendes: orientiert am Vorbild der Toniebox war die beschriebene Funktionalität eigentlich nicht jene, die ich für meine Box haben wollte. Vielmehr war es der Plan einen Tag auf der Box abzulegen und dort liegen zu lassen. Solange und nur solange der Tag vom Reader erkannt wurde, sollte Musik abgespielt werden. Was ich wollte, war also eine stop-on-removal-Funktion für meinen Reader. Was ursprünglich einfach klang, stellte sich durchaus als Herausforderung dar. Leider fand sich dazu nämlich im Github-Repo nicht der entsprechende Code und ich musste wieder anfangen selbst etwas an den Codezeilen rumzufuhrwerken und zu experimentieren. Schlussendlich fand ich eine Lösung, die zwar vermutlich nicht sonderlich schön geartet, aber bis zum heutigen Tag – mit einem kleinen Bug im Gepäck – stabil läuft: sobald der Tag vom Reader erkannt wird, wird die Musik abgespielt. Sobald der Tag entfernt wird, pausiert die Wiedergabe. Lediglich wenn eine Playlist durchgelaufen ist, verkehrt sich diese Funktion und die Musik spielt, sobald der Tag entfernt wird. Das Problem löst sich allerdings wieder, sobald ein neuer Tag aufgelegt wird. Abgesehen davon bin ich mal zuversichtlich, dass sich diese Verwirrung doch recht leicht beheben lassen sollte. Aktuell fehlen mir dazu nur leider die Ideen. Sollte ich das Problem aber noch lösen, werde ich das hier natürlich nachtragen 😀
Weniger der Code und mehr die Physik bildeten die nächste Herausforderung. Um die gewünschte stop-on-removal-Funktionalität auch nutzen zu können, war es durchaus wichtig, den Tag stabil über dem Reader zu platzieren. Um das zu erreichen, wollte ich Magnete nutzen, die den Tag bzw. eine Plattform, auf dem dieser angebracht wurde, in Position halten sollten.
Gedacht, getan, zerstört. Recht schnell musste ich feststellen, dass Magnete, direkt unter dem Reader positioniert, die Lesefähigkeit völlig abwürgten. Nach einigem Tüfteln und einer kurzen Nachhilfestunde in Physik, wurde mir nahegelegt die Magnete nicht direkt unter dem Reader zu platzieren, sondern jeweils seitlich davon. Ziel war es, ein Magnetfeld so aufzubauen, dass es mit dem Lesefeld des Readers nicht in Konflikt trat.
Ich weiß nicht so recht, ob es die Physik war oder schlichtweg Zauberei. Jedenfalls folgte ich dem Rat, platzierte die Magnete seitlich und schon hatte ich eine funktionierende Andockstelle für meine Tag-Plattformen, die meinen Reader nicht mehr störte.
Ein Knopf, zwei Löcher …
Einer der ersten und letzten Schritte in meinem Phoniebox-Projekt waren die Knöpfe. Mit den Knöpfen wollte ich die Funktionen für lauter, leiser, vorwärts und rückwärts implementieren. Außerdem sollten über einen weiteren Knopf LED-Muster ausgelöst werden. Soweit war alles kein Problem. Nachdem ich über meine Powerbank indirekt einen Power-off-Knopf hatte, aber nicht unbedingt immer genötigt sein wollte, dem RPi einfach den Saft abzudrehen, hatte ich die naheliegende Idee einen Knopf mit einer Shutdown-Funktion zu belegen. Das blöde war nur: ich hatte keine Knöpfe mehr und eigentlich war auch im Gehäuse kein weiterer Knopf mehr vorgesehen. Als Kompromisslösung belegte ich den LED-Knopf mit einer Mehrfachfunktion: einfaches Drücken, sollte das LED-Muster aktivieren, langes Halten sollte Shutdown-Vorgang auslösen. Alles was dazu nötig war, war ein kleiner Eingriff in den Code.
Ein Phonie kommt selten allein …
Wie vorher schon kurz beschrieben, war es mein Plan, die Tags auf Plattformen zu platzieren, die dann von Magneten stabil auf der Phoniebox gehalten werden sollten. Nach ein paar Experimenten, kam ich zum Schluss, dass die Magnete in der Phoniebox für das richtige Klack-Erlebnis nicht ausreichten. Dazu musste auf jeder Plattformseite nochmal ein Magnet herhalten.
Also versenkte ich die Magnete in einem Holzquader, klebte den Tag in die Mitte und platzierte eine Symbolfigur auf der Plattform, die ich mit Heißkleber fixierte.
Nachdem das zwar keine Hexerei war, aber doch ein gewisser Aufwand mit normalem Holz umzusetzen, stieg ich auf Balsaholz um, das mir eine entsprechende Plattform in wenigen Minuten entstehen ließ.
Vom Rauschen und vom Rattern …
Wer sich schon ein wenig in RPi-Musik-Projekte eingelesen hat, ist sicher schon über den Makel gestolpert, dass die Soundausgabe durch den RPi mehr als grottig schlecht ist. Zum Einen regt es vielleicht die Phantasie an, sich zwischen dem Knistern und Rauschen die eigentliche Musik vorzustellen. Zum Anderen regte es in mir eher ein wenig den Frust, das nach all dieser Arbeit so hören zu müssen. Zum Glück gibt es zahlreiche Alternativen, um das Soundproblem des RPi zu umgehen. Welche schlussendlich gewählt wird, muss jede*r für sich selbst entscheiden. Die sauberste, aber sicherlich auch nicht die billigste, Lösung wäre vermutlich der Rückgriff auf eine Soundkarte gewesen, die die Umwandlung für den Pi übernimmt.
Leichtes Rauschen in Kauf nehmend, habe ich mich aber für die low-budget-Variante entschieden und eine doppelte Strategie gefahren: zuerst habe ich den Sound nicht über den 3.5mm Klinkenausgang des Pi abgenommen, sondern über den HDMI-Ausgang. Dazu habe ich einfach einen HDMI auf VGA-Adapter mit extra Klinken-Audioausgang verwendet. Da das alleine nicht wirklich geholfen hat, habe ich mir noch zusätzlich einen Entstörfilter dazwischen gesetzt. Grundsätzlich sollte der Entstörfilter allein schon reichen. Allerdings ging die alleinige Nutzung bei mir mit einem Klacken einher, das in der Kombination der beiden Teile nicht mehr zu hören war.
Am Ende ergab sich daraus bei weitem noch keine kristallklarer Sound, aber ein unverkennbarer, charmant abgebrochener Phoniebox-Sound, mit dem ich – im Gegensatz zum ursprünglichen Rattern und Rauschen – gut leben konnte.
Für Konzerterlebnisse reicht das Setting so wohl nicht. Aber für ein paar Kinderlieder und Geschichten reicht die Ausgabe wunderbar.
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